Programm zum Konzert 2022

Verehrtes Publikum,
zum heutigen Konzert, welches das Streicherensemble des Bodensee
Ärzteorchesters darbietet, möchten wir Ihnen wie gewohnt einige
Informationen über die aufgeführten Werke und deren Komponisten
zukommen lassen.
Über Georg Friedrich Händel (1685-1759) braucht man wohl keine
großen Worte mehr verlieren. Der Hallenser war schlicht einer der
bedeutendsten Musiker aller Zeiten. Große Teile seines Lebens
verbrachte er in England und am dortigen Königshof, seit 1727 war er
auch englischer Staatsbürger. Er war in allen Genres seiner Zeit aktiv und
betrieb sogar ein eigenes Opernunternehmen. Die Sarabande entstammt
einer Cembalosuite und wurde vielfach interpretiert, bearbeitet, arrangiert
und z. B. auch im Kostümfilm „Barry Lyndon“ als dunkle Trauermusik
verwendet.
Guiseppe Tartini (1692-1770) ist der „Romantiker“ unter den vielen
Barockkomponisten. Während seines langen Lebens (er verstarb mit fast
78 Jahren im Geburtsjahr Beethovens) war sein Stil einigen Wandlungen
unterworfen. Der Erschaffer der berühmten „Teufelstriller“-Violinsonate
war auch ein bedeutender Musiktheoretiker und widmete sich
ausführlichen Studien zur Bogenführung. In Padua gründete er eine
eigene, hochgeachtete Musikschule. Seine 3-sätzige D-Dur-Sinfonie
stammt vermutlich aus seiner späten Vorklassikperiode. Dem
majestätischen, rhythmusbetonten Kopfsatz folgt ein sehr gefühlvoller,
zwischen Verzweiflung und Hoffnung schwankender langsamer
Mittelsatz im parallelen h-moll. In der Schlusssatz-Fuge meint man
schließlich, überschwängliche, himmlisch-triumphierende Fanfaren zu
erkennen. Ihr markantes Motiv wird von allen Stimmen präsentiert und
von quirligen Achtelsequenzen umspielt.
Arcangelo Corelli (1653-1713) war ein berühmter Violinist und auch als
Komponist europaweit bekannt. Sein Werk konzentriert sich fast
ausschließlich auf Streichermusik: Violinsonaten, Triosonaten, Concerti
grossi. Die Bedeutung Corellis für die Entwicklung der Barockmusik ist
kaum zu überschätzen. Mit seiner Unterscheidung und Formgebung von
Kirchensonaten und Kammersonaten schuf er spezielle Musikgattungen,
und auch Tartini orientierte sich in seiner frühen Schaffensphase an
seinem Vorbild. Die drei Sätze der aufgeführten Suite entstammen
ursprünglich verschiedenen Violinsonaten. Sie wurden 200 Jahre später
vom italienischen Geiger Ettore Pinelli für Streichorchester arrangiert und
zu einer heute sehr populären Suite zusammengestellt. Corellis
unverwechselbarer Stil kommt auch in diesen kurzweiligen Tänzen sehr
gut zur Geltung. Die einführende Sarabande als das für ihn typische
langsame Preludio, die fröhliche, unbeschwerte Gigue und die übermütig
dahineilende Badinerie bereiten Spielern und Hörern einfach nur Freude.
Robert Volkmann (1815-1883) sah sich selbst als Erfinder der
romantischen Streicherserenaden. Seine drei Werke dieser Gattung
begründeten dann auch eine stattliche Tradition bis in die Gegenwart
hinein. Er fußt auf der Tradition der Wiener Klassik, sein Stil erinnert an
Schumann und Brahms. Geboren und aufgewachsen in Sachsen,
verbrachte er danach den Großteil seines Lebens in Wien und Budapest.
Die Einflüsse der Donau-Monarchie auf seine Kompositionen sind denn
auch deutlich wahrnehmbar. So hört man in der heute aufgeführten
2. Serenade nicht nur Walzer (3. Satz) und Marsch (4. Satz), auch an
ungarische Tänze (2. Satz) wird man erinnert. Eingeleitet wird die
Serenade von einem Kantionalsatz, einer Sonderform des Chorals, wie er
in deutschen Kirchenliedern der Reformationszeit und des Barock genutzt
wurde. Dabei intonieren über weite Strecken alle Stimmen in gleichem
Rhythmus. Die vier Sätze sind in sich abgeschlossene, unmittelbar
zugängliche charakterliche Stimmungsbilder, leicht und unterhaltsam,
nicht selten auch mit einem Augenzwinkern versehen.

Andreas Röhrig